Die Vereins Meyer

Vater Wolbert (48) – Beisitzer im Vorstand
Mutter Anne (44) – seine Frau und mehr
Ruth-Sara (19) – anarcho-feministisch-romantisch
Jonas-Johannes (Jo-Jo) (16) – der Gameboy am Smartphone
Omma Emma (78) – die nur das Altenheim St. Morpheus fürchtet
… und ihr gemeinsames Hobby:
natürlich vereinsmeyern!

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Voll ist nicht voll!
Am 13. Januar 2019 findet sich im Vorstands-Protokoll eine kurze, aber folgenschwere Protokollnotiz unter

TOP 7,  Evangelischer Kirchentag in Dortmund 2019
„Wolbert Meyer erklärt sich bereit, die Organisation von Fahrt und Unterkunft für die Bielefelder CVJMs zu übernehmen. Eine Stellvertretung solle noch gefunden werden.“

Nun, es muss nicht eigens erwähnt werden, dass über eine Stellvertretung nie mehr ernsthaft nachgedacht wurde, wozu auch, hatten wir doch Wolbert Meyer angefragt und nicht irgendjemanden. Er selbst allerdings war sich just in jenem Moment noch nicht im Klaren darüber, was er da übernommen hatte …

Immer wenn Wolbert Meyer gerade voll motiviert mit der Arbeit an einer neuen Ausgabe des Monatsplans beginnt, kommt etwas dazwischen.

Diesmal klingelt der Wecker, oder war es doch das Telefon, das Wolbert aus seinen Gedanken reißt? Jo-Jo ist der schnellste und nimmt ab. Er hält die Hand über den Hörer und ruft: „Papa, der neue Jugendreferent für dich!“ , und schaltet noch schnell den Lautsprecher ein, so dass das ganze Wohnzimmer mithören kann. „Das riecht nach Arbeit,“ stöhnt Wolbert, schlurft zum Apparat und drückt die Lautsprechertaste demonstrativ wieder aus.

„Organisation Kirchentag! Klar, das mache ich! Hab ich ja versprochen. Bin ja schon dabei. Und den Bus bestelle ich auch! Mit wieviel Teilnehmenden soll ich denn mal zum Spas(s)calkulieren?“ fragt Wolbert mit einem verschmitzten Unterton in den Hörer hinein, ohne eine wirkliche Antwort zu erwarten.

Jo-Jo und Ruth kichern. Anne ist alles andere als amüsiert und schickt böse Blicke in Richtung Telefon.
„Das ist wieder typisch. Da muss Wolbert wohl das Defizit an CVJM – Entscheidungsfreude kompensieren. Was das in der Kalkulation wieder für Arbeit macht!“

Doch da erfährt Wolbert unerwartet aufmunternde Hilfe von seinen Kindern. Ruth, demnächst Mathe-Studentin im ersten Semester, wirft ihr ganzes fachliches Wissen in Wolberts fragendes Gesicht: „Bestell doch bei Hilberts Reisedienst* einen Bus mit unendlich vielen Sitzplätzen. Dann bist du auf der sicheren Seite und alle CVJMer können garantiert zum Kirchentag mitfahren.“

Jo-Jo, der ebenfalls schon von diesem om(n)inösen Bus gehört hat, verwirrt Wolbert gänzlich, als er mit seiner Schwester den Gedanken weiterspinnt:

Jo-Jo:    „Und was ist, wenn ich ganz kurzfristig auch noch mitfahren möchte?“
Ruth:    „Tut mir Leid, alle Plätze belegt. Du kannst nicht mehr mit!“
Jo-Jo:    „Wie denn, der Bus hat doch unendlich viele Plätze. Oder?“
Ruth:    „Ja schon, – aber tut mir Leid, wir haben auch gerade unendlich viele Reisende zum Kirchentag.“

Ruth macht eine theatralische Pause. Wolbert und Anne schauen sich fragend an.

„Aber kein Problem, lieber Bruder!“ beruhigt Ruth Jo-Jo. „Ich mache eine Durchsage!“ und sie führt ihre zu einem Trichter geformten Hände zum Mund: „Bitte alle einmal zuhören! Bitte alle aufstehen. Jeder setzt sich bitte einen Platz weiter nach hinten. Platz 1 geht also auf Platz 2, Platz 2 geht auf Platz 3, Platz 3 geht auf Platz 4 … So, Bruderherz, Platz eins ist jetzt für dich frei. Hier kannst du dich hinsetzen.“

„Apropos Sitzplatz“, fragt Anne, die langsame Schritte die Treppe herunterkommen hört. „haben wir denn für Omma Emma auch noch einen freien Platz im Bus?“
Omma Emma, die wahrscheinlich gar nicht zugehört hatte, lächelt in die erstaunte Runde und keiner kann nachher sagen ob es Zerstreutheit oder Weisheit war:

„Dieses Wissen ist zu wunderbar für mich, zu groß, dass ich es begreifen könnte.“ (Ps. 139, Vers 6 )

PS: Wolbert Meyer hat die CVJM Fahrt organisiert, den Bus und Unterkunft bestellt, Mails gingen hin und her, immer wieder nachfragen, manchmal den Kopf schütteln, hin und wieder hausgemachter Ärger, und in stillen Stunden die Frage: „Was hat mich bloß am 13. Januar geritten, diese Aufgabe zu übernehmen?“

Die Antwort ist ganz einfach: es gab niemanden, der es hätte besser, zuverlässiger, koordinierter machen können als Du, Wolbert. Und dafür wollen wir Dir an dieser Stelle herzlich danken. Du hast das Amt der Organisation mit großer Umsicht, viel Humor, großem Engagement und manchmal wohl auch Gottvertrauen – dass alles gut wird – ausgefüllt.
Und jetzt – da Du Erfahrung hast: ruh Dich erst mal aus, die nächste Veranstaltung kommt bestimmt, hoffentlich erwischen wir Dich dann wieder auf dem falschen Fuß und Du sagst unter

TOP 7, 3. Ökumenischer Kirchentag in Frankfurt 2021
„Kirchentag? – Klar, mache ich doch gern!“

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*In der Mathematik bekannt unter Hilberts Hotel (Ein Gedankenexperiment des deutschen Mathematikers David Hilbert (1862-1943) zur Veranschaulichung des Unendlichkeitsbegriffs)